Würde Goethe sein Gretchen heute rufen lassen „HR’ler! Mir graut‘s vor dir“? Professor Christian Scholz (Universität des Saarlandes,) bekannt für seine provokanten Thesen, schreibt im blog des Human Resources Manager über das Ende der HR Abteilung. Nicht der Personalarbeit, wohl gemerkt. Recht hat er. Die etablierte HR Abteilung wird sich auflösen. Weil sie nicht mehr zeitgemäß ist. Und effektiv waren die wenigsten HR Bereiche auch in der Vergangenheit. Da hat es nur keinen gestört. Warum sollten die Unternehmen also nicht viel mehr HR Dienstleistungen an externe Dienstleister ausgliedern? Und damit flexibler werden?

Es darf z. B. gefragt werden, wo zu ein Unternehmen einen Recruiter hat, der seine primäre Aufgabe, das Recruiting, aber an Recruitingdienstleister weiterdelegiert? Hab ich als Personalberater nie verstanden. Ich weiß zwar, dass die meisten Recruiter im Unternehmen vor allem mit Politik, Zeitmanagement, Anzeigenposting, Dienstleisterverwaltung und Reporting beschäftigt sind. Das ist aber eigentlich nicht die Aufgabe, oder?

Jetzt stellt sich die Frage: Sind die Recruiter, denen es so ergeht, unfähig? Oder können sie nicht anders, weil ihr Umfeld es nicht anders zulässt? Letzteres ist sicherlich häufig der Fall. Dass Recruiter, die nicht recruitieren können, trotzdem in ihrem Job bleiben (dürfen) verwundert und zeigt mal wieder die niedrige „management attention“ für das angeblich wichtigste Thema der Unternehmen: Gute Mitarbeiter finden! Da würde ich mir als Management doch mal Gedanken machen, was alles schief läuft! Es liegt ja nicht unbedingt an der Person, sondern auch viel am gesamten Umfeld und den Möglichkeiten.

Einen Gegentrend gibt es allerdings in den Unternehmen: Den Aufbau von eigenen active sourcing Abteilungen, meistens bestehend aus ehemaligen Personaldienstleistern … Damit senke ich zwar meine Dienstleisterhonorare, aber die internen Prozesse mit dem Hiring Manager bekomme ich damit auch nicht in den Griff. Erst Recht nicht, wenn die active sourcing Abteilung im Shared Service Center sitzt. Faktisch sind das dann ingesourcte Outsourcingpartner. Irgendwie verrückt.

Sollte sich die klassische HR Abteilung tatsächlich auflösen, was kommt dann? Irgendwo müssen die Personaler ja hin! Wie Professor Scholz schon vermutet: Die werden sich selbständig machen und als freie Berater für die Unternehmen arbeiten. Es wird noch mehr als heute zu einer „Berater-Schwemme“ kommen, mit entsprechendem Preiskampf und der Ausnutzung der stärkeren Verhandlungsposition durch die Unternehmen. Wenn ich mir heute anschaue, was auf dem Recruitingmarkt schon alles los ist und mit welchem Qualitätsverständnis dort sehr häufig gearbeitet wird, dann graust mir. Da möchte ich kein Bewerber mehr sein! Ich bekomme bei meinen aktiven Ansprachen, z. B. auf Xing, viel positives Feedback für die Art und Weise meiner Arbeit. Dabei finde ich da nichts Besonderes dran. Aber das sagt andersrum einiges darüber aus, wie sonst am Markt Ansprachen erfolgen. Die Geschichte vom Pressesprecher, der kein SAP Berater ist, ist ja nur eins von unzähligen Negativbeispielen. Wobei ich sagen muss, wir sind alles nur Menschen und machen Fehler! Aber in der Tendenz ist die niedrige Qualität am Markt schon erkennbar und erschreckend. Dass die Geschäftsmodelle, die dahinter stecken, auch noch von den Unternehmen selber gefördert werden ist wieder ein Indiz, wie wenig Wert einer guten HR Arbeit zugemessen wird.

Also, ich bin gespannt wie es weitergeht.