Karrierekünstler – ist das nicht ein Widerspruch in sich? Ist „Karrieremachen“ eine Kunst? Wohl eher doch harte Arbeit. Nun, Kunst ist auch harte Arbeit. Aber ist selbige auch Kunst? Thomas Sattelberger fordert mehr „freie Radikale“ in den Unternehmen und rät dem Management, ¾ seiner Personaler rauszuschmeissen. Ich widerspreche – und bekomme Recht. Ich nehme HR in Schutz? Tja, in diesem Fall … Aber wem nützt das? Wer hört schon auf einen „freien Radikalen“? Oder sollte ich lieber „Flexi-Style-Typ“ sagen? Was für ein Karrieretyp sind Sie?

Karrierekünstler – finde Deinen Worklife-Style

Mitte 2013 verglich ich in dem Artikel „Recruiting ist ne Lady“ auf diesem blog Recruiting mit Sex. Was natürlich durchaus für ein wenig Aufmerksamkeit in den Sozialen Netzen sorgte. Wie Fanta4 schon sangen: „Mit Sex verkauft sich alles, denn Sex verkauft sich sowieso“. Naja, der Vergleich ist durchaus ernst gemeint und wenn Sie wissen wollen, warum ich mit gutem Gewissen die Zusammenarbeit mit Personalberatern mit dem Besuch im Puff vergleiche, lesen Sie doch noch mal nach. Manche Weisheiten sind zeitlos. Über zwei Ecken kam ich so mit Svenja Hofert in Kontakt, woran Sie wieder mal sehen: Um interessante Menschen kennenzulernen, muss man durchaus mal „klare Kante zeigen“. Auf den Punkt gebracht: Irgendwann fragte sie mich, ob ich nicht für ein kleines Interview für ihr neues Buch „Karriere mit System“ zur Verfügung stünde. Tja, wie konnte ich dazu „Nein“ sagen? Eben! Lesen konnte ich übrigens auch nicht. Ich verwechselte die Anzahl der erlauben „Zeichen“ mit „Wörtern“. Was, die Blogger unter uns wissen es, ein erheblicher Unterschied ist. Also schrieb und schrieb ich – um den Fehler dann erst zum Schluss zu bemerken.

Die kurze Version des Interviews finden Sie nun im neuen Buch von Svenja Hofert „Karriere mit System“. Die lange Version gibt es dagegen hier auf ihrem Karriereblog. Wenn Sie also ein wenig mehr über meinen Hintergrund wissen wollen und wie ich die Welt sehe … ich verlinke unten auch noch mal zum Interview. Denn es macht Sinn, wenn Sie erst weiterlesen. Eine ausführliche Rezension zum Buch werden Sie von mir demnächst auch noch bekommen. Hatten Sie auch schon mal den Eindruck, auf der Arbeit „im falschen Film“ zu sein, wie Svenja Hofert das beschreibt? Dann nur schon mal als Tipp: Wenn Sie endlich wissen wollen, welcher Karrieretyp Sie sind, welche Unternehmenskultur zu Ihnen passt und wie Sie dieses Wissen besser einsetzen – kaufen Sie das Buch! Und machen Sie den Test hier auf worklifestyles. Es lohnt sich. Ich bin übrigens der Flexi-Style. Das erklärt so manches. Und bringt mich zum nächsten Punkt: Sattelberger’s Ruf nach mehr „freien Radikalen“ in den Unternehmen.

 

„Feuert HR“ – und was Sattelberger über Innovationen preisgibt

Am 3. September fand das 14. UNICUM Personalmarketing Netzwerktreffen im Haus des DGFP statt. Dabei auch HR Altmeister Thomas Sattelberger, der über „Employer Branding und Talent Management Verirrungen und Verrenkungen“ referierte. Gewohnt souverän und mit mancher Anekdote. Ich „zitiere“ ihn mal ein wenig: Unternehmen müssen zu „Talentmagneten“ und „Talentbiotopen“ werden.  Das Problem ist, dass Pinguine nach wie vor Pinguine suchen und Querdenker wenig Chancen in den meisten Unternehmen haben. Die Personalabteilungern fahren aber den alten Kurs weiter und versuchen die MA zu normieren. HR muss den Begriff „Talent“ ganz neu definieren. Sattelberger würde am liebsten alle Personalentwicklungsprogramme rausschmeissen. Die fördern eine einseitige Sicht, was ein Talent ist. Wir müssen Innovationspotentiale heute in den Unternehmen schützen, damit sie nicht von der Norm absorbiert wird. Bildung darf nicht Freiheit nehmen! Was aber durch die Bologna Reform passiert ist! Und jetzt sollen die „Jungen“ die Welt renovieren? Das wird schwer. Arbeitgeberverbände haben mit Schulzeitverkürzung extrem gesündigt.

Und dann, dann erzählt Sattelberger von einem Treffen mit Geschäftsführern mittelständischer Unternehmen „auf dem Land“. Und wie wenig die im Bereich Talent Management, Recruiting und Employer Branding tun. Und wie er den Managern empfohlen hat, 3/4 seiner Personaler rauszuschmeissen. Weil die sich nicht bewegen. Dabei brauchen Unternehmen und auch die HR Abteilungen „freie Radikale“ als Mitarbeiter. Die Innovationen möglich machen. Naja, Sie kennen ja meine Meinung zu HR und Innovationen. Aber hier musste ich Herrn Sattelberger dann doch widersprechen. Zum einen zeigt meine eigene Biographie, dass „freie Radikale“ in den meisten Unternehmen einen schweren Stand und wenig Chancen auf Überleben haben. Und zum anderen sollten meiner Meinung nach nicht zuerst die Personaler, sondern die Top Manager rausgeschmissen werden. Denn die sind es, die darüber entscheiden, ob Innovationen im Unternehmen möglich sind oder nicht. HR hat doch nur so viel zu melden, wie das Management es zulässt. Das gilt zumindest für 95% der Unternehmen in Deutschland. Ausnahmeerscheinungen gibt es immer. Aber naja, wenn HR schon den Anspruch hat, Business Partner zu sein und am Entscheidungstisch zu sitzen, dann sollte HR im eigenen Laden aufräumen, wie Uwe Sunkel in seinem Artikel „Das böse Erwachen hat begonnen“ deutlich empfiehlt.

Tja, und wie reagierte Herr Sattelberger? Er gab mir Recht! Und gab einen ehrlichen Einblick, wann Innovationen überhaupt eine Chance haben: Es braucht mindestens zwei starke Fürsprecher für Innovationen (idealerweise im Top Management), das gesellschaftliche Umfeld muss dafür bereit sein (z. B. durch Sensibilisierung des Themas in den Medien) und die Mehrheit der Mitarbeiter muss es wollen. Sattelberger selber konnte die Frauenqoute im Top Management der Telekom nur durchsetzen, weil die Zeit dafür reif war. Alleine und zu einer anderen Zeit wäre er gescheitert. Diese ehrliche Aussage fand ich dann doch sehr sympathisch.

Wo wir gerade bei Innovationen sind. Sind Sie dieses Jahr (wieder) auf der Zukunft Personal in Köln? Dann schauen Sie doch schon einen Tag vorher beim „Recruiting Innovation Day“ von und mit Wolfgang Brickwedde vorbei. Schwerpunkt ist das Thema „Candidate Experience“. Sieben Anbieter aus England und den Niederlanden stellen ihre HR Produkte und Dienstleistungen vor, an denen man sehen kann, dass andere Länder in Bezug auf Innovationen schon um einiges weiter sind als (good) old Germany. Eine Podiumsdiskussion zum Thema wird es auch geben. Sind Sie dabei? Ich bin es auf jeden Fall.

Und wenn Sie spontan sind, dann melden Sie sich doch noch schnell zum DGFP Lab in Berlin an. Am 26.-27. September 2014! „Gemeinsam für eine Zukunftsvision“, ist das Motto. Also, Mitmachen und die Zukunft gestalten!

Umdenken gefordert – nicht nur in HR!

Sattelberger fordert ein Umdenken – und nicht nur er.

Wer mit offenen Augen durch die Welt geht sieht, dass sich ein wenig bewegt. Das Projekt „Augenhöhe – der Film“ ist ein tolles Beispiel dafür. Unternehmen müssen den Umgang mit ihren Mitarbeitern überdenken. Aber auch jeder von uns sollte sich fragen, wie „social“ er/sie ist. Haben wir schon verstanden, dass wir vor einem neuen Zeitalter stehen, in der die Fähigkeit, mit anderen zusammen zu arbeiten, über den Erfolg unserer Projekte und Unternehmen entscheiden wird? Ich fürchte, da sind wir noch weit von entfernt. Vor kurzem unterhielt ich mich mit einer erfahrenen Personalerin, die inzwischen selber als „freie Radikale“ durch die Unternehmenswelt zieht, um u.a. die Botschaft vom Demografischen Wandel in die Welt zu tragen. Ich fragte sie nach ihrer Meinung, wie wir ein so hippes Startup wie feelgood@work so gestalten können, dass auch der „solide Mittelstand der old economy“ nicht abgeschreckt wird. Ihr weiser Rat: Gar nicht erst versuchen! Für den großen Teil des Managements spielen Mitarbeiter keine Rolle. (Sattelberger sagte übrigens auch ganz klar, dass „Work-Life-Balance“ im Wortschatz der meisten Unternehmen keine Rolle spielt). Wenn feelgood@work die Neue Arbeitswelt Realität werden lassen will, indem es Unternehmen unterstützt, denen ihre Mitarbeiter wirklich wichtig sind – dann sollten wir gar nicht erst versuchen, auf die Manager der „alten Welt“ zuzugehen. Das liest sich hart, aber es stimmt. Und das hat wenig mit dem Alter der handelnden Personen zu tun. Sondern aus meiner Sicht mehr mit der Tatsache, dass Macht einen Menschen von der Realität abkoppelt. Da werden Mächtige schnell zu Dispoten und Menschen zu Mäusen. Aber mit Mäusen gestaltet man nicht die Zukunft! Oder wie sehen Sie das? In eine ähnliche Richtung gehe ich auch in dem oben erwähnten Interview mit Svenja Hofert. Hier nachzulesen.

Sind Sie anderer Meinung? Vielleicht wissen Sie ja mehr als ich. Dann schreiben Sie mir doch einfach. Hier in den Kommentaren. Ich freue mich auf den Austausch.

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski