Was sind meine Stärken? Kennen Sie diese Frage? Und hatten Sie schon mal das Gefühl, gescheitert zu sein? Warum eigentlich? Vielleicht kann man ja gar nicht scheitern! Oder gehört das sogar zum Leben? So wie unsere Stärken? Ich finde, Hollywood kann uns eine ganze Menge darüber lehren. Und tut es auch regelmässig. Ich sage nur: “ „And the Oscar goes ….“ Vielleicht liebe ich deswegen auch Kino. Filme erzählen wunderbare Geschichten – aus dem echten Leben. Und daraus kann ich eine ganze Menge für das Recruiting lernen. 

Was sind meine Stärken?

Kennen Sie diese Frage? Mich hat sie früher fast wahnsinnig gemacht. Nein, stimmt nicht ganz. Wahnsinnig gemacht hat mich die Fragenkombination: „Welche meiner Stärken macht mich in welchem Job erfolgreich und/oder glücklich?„. Ich wusste doch nie, was ich machen will! Die Jobsuche hilft da nicht. Denn kaum ein Unternehmen gibt in Stellenanzeigen an, welche Stärken man in einem Job haben muss (außer den üblichen buzzwords wie teamfähig, selbstmotiviert etc.). Und im Interview kommt dann die dämliche Frage „Was sind denn Ihre Stärken (und Schwächen)?“ Diese Frage hilft nicht weiter. Und außerdem muss ich da ja erstmal hinkommen! Ins Interview. Und dafür brauche ich vor allem was? Genau: Abschlüsse, Zertifikate, gute Noten, keine Lücken und Berufserfahrung. Dafür ist vor allem Fleiß und Intelligenz gefragt. Aber Stärken? Und ein Praktikum mache ich doch in der Regel nicht, weil es meinen Stärken entspricht. Nee, in der Regel bin ich froh, überhaupt einen Praktikumsplatz zu bekommen und finde erst im Praktikum heraus, ob die Tätigkeit was für mich ist. Tja, und wenn nicht, dann steht trotzdem „Praktikum im Controlling“ in meinem Lebenslauf. Dann brauche ich mich zumindest als Absolvent nicht auf Vertriebsjobs zu bewerben … Und so nimmt die „Karriere“ dann ihren Lauf. Und das Scheitern zwinkert mir schon aus der Ferne zu. Bald werden wir uns näher kennenlernen …

Eas sind meine StärkeAber Sie merken schon, der Zaborowski verliert sich wieder. Wieder mal „ein weites Feld“. Also fange ich von vorne an. Und hole mir Svenja Hofert zur Hilfe. Wer schon mal ein Buch von ihr gelesen hat, weiß: Was sie schreibt hat in der Regel Hand und Fuß. Ich erinnere mich noch gut an eine Aussage von ihr zur Selbständigkeit, die ungefähr lautet: „Es dauert drei Jahre, bis man sich etabliert hat. Und die meisten Menschen gehen zu optimistisch an den Start.“ Heute kann ich sagen: Sie hat Recht 🙂 Und von daher war ich sehr gespannt, ihr neues Buch „Was sind meine Stärken“ zu lesen.

Vielleicht geht es Ihnen ähnlich wie mir: Meine Stärken nehme ich selbst gar nicht richtig wahr. Weil sie für mich selbstverständlich sind. Sie gehen mir so leicht von der Hand dass ich denke, dass es anderen genauso damit geht. Und dass sie nichts besonderes sind. Die freie Rede vor Publikum ist z. B. so etwas. Natürlich bin auch ich vorher nervös (ok, es kommt auf das Publikum an), aber wenn ich dann vorne stehen, ist das für mich wie ein Spiel. Stimmungen im Publikum wahrnehmen, darauf reagieren, etwas provozieren – das macht doch einfach Spaß und kommt fast wie von selbst. Und ich war völlig überrascht und habe es nur gaaaanz langsam realisiert, dass es Menschen gibt, die zwar auch vorne stehen und da durchaus einen guten Job machen – aber für die das eine totale Überwindung ist. Kein Spaß, kein Spiel. Gleiches gilt für das Schreiben. Ich liebe es zu Schreiben – wenn ich einen guten Inhalt habe. Aber Schreiben kann doch jeder, oder?

Im Gegenzug schaue ich immer neidvoll auf die Menschen, die strukturiert arbeiten und komplexe Daten analysieren können. Das liegt mir nämlich überhaupt nicht. Aber ist das nicht viel mehr wert? Vor allem in der Wirtschaft? Ich würde sagen: Es kommt auf den Job drauf an! Aber auch das habe ich erst mit der Zeit gelernt. Wenn Sie also nicht 20 Jahren warten wollen, bis bei Ihnen der Groschen fällt, empfehle ich Ihnen Svenja’s Buch. Sie zieht dieses „Stärken Ding“ nämlich von vorne auf. Was ist eigentlich eine Stärke, warum ist Stärke nicht gleich Talent, was sagt die Psychologie zum Thema Stärken, warum sind Stärken relativ zur Umwelt und wie kann ich sie entwickeln. Und dann kommt das Beste: Svenja Hofert lädt zur Stärken-Entdeckungsreise ein. Sie hat 50 Stärken identifiziert  und im StärkenNavigator beschrieben. Dabei unterscheidet sie grob in Denker, Lenker, Kommunikator, Manager und Künstler. Sehr schön finde ich den Praxisbezug. Neben einer kurzen Umschreibung der eigentlichen Stärke sortiert Svenja diese Stärke auch in den Arbeitsalltag ein. Welche Art von Jobs gibt es für diese Stärke, wie agiert jemand mit dieser Stärke im Team, wie kann man sich weiterentwickeln und welche bekannten Persönlichkeiten hatten/haben diese Stärke. Svenja hat dazu auch einen „Einleitungsblogartikel“ geschrieben, den ich sehr empfehlen kann: „Entdecken Sie Ihre Stärken jetzt“.

(Raten Sie mal, in welche Kategorien meine Top Stärken gehören … fangen beide mit „K“ an. Aber verraten Sie es niemanden, sonst merkt es noch jemand)

Wem nach dem Studieren der einzelnen Stärken noch kein Licht aufgeht, der kann einen im Buch (oder online unter StärkenNavigatorbefindlichen Test machen.  Noch gibt es den Onlinetest nur in der „free“ Version. Dafür ist das Ergebnis auch noch nicht sooo schön gestaltet. Aber es kommt ja auf den Inhalt an, oder? Nee, nee, der „Designer“ würde hier widersprechen. Aber das bin ich ja nicht. Das Gelb vom Buch finde ich trotzdem cool.

Was Recruiting mit Scheitern zu tun hat

TalenteOben meinte ich, dass das Scheitern mir schon fröhlich aus der Ferne zuzwinkert. Weil ich beruflich irgendwas mache, in „das ich so reingerutscht bin“. Was aber nicht unbedingt mit meinen Stärken zu tun hat. Aber ich will Ihnen nichts vormachen (kennen Sie doch von mir :-)): Sie können auch trotz Ihrer größten Stärken scheitern. Das ist zumindest meine Erfahrung aus meinem eigenen Leben und meinem Umfeld. Und ich kenne eine Menge Menschen. Aber wissen Sie was? Ich bin immer mehr der Meinung, es gibt gar kein Scheitern. Genauso wie es auch „Verlieren“ nicht gibt. Es gibt nur „Nicht-Gewinnen“. (Meine Tochter fand das zu philosophisch. Vielleicht hat sie Recht.) Ja, es gibt den Punkt des „Aufgebens“. Lars Hahn hat darüber gerade aus gegebenen Anlass einen tollen Blogartikel zu geschrieben. „Krisen & Niederlagen – lassen Sie es einfach sein„. Damit hat er absolut Recht. Manchmal muss man es einfach sein lassen. Aufhören. Aber das ist nicht das selbe wie Scheitern.

Aber im Recruiting (oder besser: in der Personalauswahl), da stempeln wir ganz schnell Mensch als „gescheitert“ ab, wenn sie mal eine kurze Station im Lebenslauf haben. Oder sogar zwei davon hintereinander. Oder ein Studium / eine Ausbildung abgebrochen. Dann gehen bei uns die Alarmglocken an. „Ohoh, mit dem stimmt was nicht! Der scheint das nicht zu können. Oder ist nicht teamfähig. Oder ist ein Querulant. Oder einfach ein Versager. Oder weiß nicht, was er will. Den wollen wir bei uns nicht. Wir können nur Helden gebrauchen“.

Aber darf ich Sie was fragen? Mögen Sie Filme wie „Avatar“, „Herr der Ringe“, „A Beautiful Mind“, „Birdman“, „Titanic“, „Gladiator“ oder „Good Will Hunting“? Bestimmt, oder? Aber worum geht es sehr oft in diesen Filmen? Um Menschen, die scheitern! Trotzdem mögen wir sie, fiebern mit ihnen, leiden mit ihnen, wünschen ihnen das Beste. Und oft kämpft sich der Held/die Heldin auch zurück „ins Leben“. Wie? In der Regel nicht aus eigener Kraft. Sondern durch Hilfe von außen. Durch Ermutigung, durch tatkräftige Unterstützung von außen – oder einfach auch durch „Glück“. Und als Privatleute wissen wir das. Wir gehen aus dem Kino, atmen durch und denken: „Ja, genau so ist das Leben“. Und vielleicht denken wir noch: „Hoffentlich passiert mir sowas nicht mal“. Und am nächsten Tag im Büro vor den Bewerbungen sortieren wir wieder fleißig in „Helden“ und „Verlierer“ aus und laden nur die scheinbaren Helden zum Gespräch. Schon komisch, oder?

Ich habe das bei meinem Vortrag zum Thema „Das Recruiting der Zukunft ist social“ mal ein wenig ausgeführt. Vielleicht haben Sie Lust (und abends mal Zeit), sich das anzuhören?

„Die Kunst zu Scheitern“

Letztes Jahr bekam ich eine Anfrage vom IfT Institut für Talententwicklung GmbH für ihre regelmässig erscheinende „Talente“ Ausgabe. Diesmal sollte es um „Die Kunst des Scheiterns“ gehen. Und ob ich nicht auch einen Beitrag dazusteuern könnte? Na klar, beim Scheitern kenn ich mich schließlich aus. Nicht-Scheitern ist nämlich keine Bedingung für Erfolg! Und das habe ich dann auch gemacht. Einen kleinen Auszug davon können Sie, wenn Sie noch Zeit und Nerven haben, gleich gerne weiter unten lesen. Ich habe aber auch noch ein paar gedruckte Ausgaben, die ich gerne verschenke. Da sind nämlich auch andere tolle Artikel über das Scheitern drin. Ich finde, die zu lesen lohnt sich.

Also, wenn Sie mögen, einfach ne kurze Nachricht per mail an mich mit Postadresse, dann schicke ich Ihnen gerne ein Exemplar zu. Und sage ansonsten für den Moment: Vielen Dank fürs Dranbleiben. Momentan kann ich nämlich immer nur sporadisch schreiben. Und thematisch nicht wirklich strukturiert. Na gut, das kennen Sie ja schon von mir. Im nächsten Artikel wird es hoffentlich um Candidate Experience gehen. Mein geschätzter HR Blogger Kollege Tim Verhoeven hat dazu ein tolles Buch herausgebracht. Und ich kann hoffentlich über ein oder zwei tolle Beispiele für eine gelungene Outbound Recruitingmarketing Aktion berichten. Mal sehen.

Weiter unten geht es jetzt noch mit einem kleinen Auszug aus meinem Artikel zum Thema „Scheitern“. Müssen Sie aber nicht lesen 🙂

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski

 

Wie eine Illusion die Arbeitswelt im Griff hat

In unserer Arbeitswelt (ok, im gesamten Leben, aber das würde jetzt zu weit führen), also in unserer Arbeitswelt gibt es ein Phänomen, das so weit verbreitet und allgemein akzeptiert ist, dass gar nicht auffällt wie falsch es ist. Ja, ich würde soweit gehen, dass unsere Gesellschaft in der Regel Menschen in psychologische Behandlung schickt, die weit weniger Verrücktes glauben. Und nicht nur das: Wir haben komplette Managementlehren und Führungsleitlinien auf diese völlig absurde Annahme aufgebaut. Was dazu führte, dass wir zwar in einer Welt, in der jeder (Produktions)tag gleich war und Marktveränderungen über einen Zeitraum von Jahrzehnten hinweg erfolgten, das gute Gefühl hatten (wahrscheinlich auch zu Recht), alles im Griff zu haben. Aber jetzt, in den Zeiten disruptiver Innovationen, erschrocken feststellen, dass unsere Managementlehren nicht mehr greifen. Und über Jahrzehnte gelernte und geglaubte Theorien am besten sofort abgeschafft werden sollten. Was in der Praxis allerdings sehr schwer ist, denn in den Köpfen aller Beteiligten sind diese Theorien fest verankert.

Ahnen Sie, was ich meine? Ich schreibe von der Theorie der völligen Planbarkeit und damit auch der Theorie des planbaren Erfolges. Das ist der größte Witz der Wirtschaftswissenschaften (die ja eigentlich ein philosophisches Fach ist, sich aber zur allwissenden Wissenschaft aufgeschwungen hat), den ganze Generationen geglaubt haben und immer noch glauben möchten. Spannend ist: Diese Theorie gibt es noch gar nicht so lange. Eigentlich erst seit der Industrialisierung, sprich der Festlegung und Zerteilung von Arbeitsabläufen zum Zweck der Produktionsoptimierung. Die Arbeit in Form einer linear ablaufenden Produktion wurde planbar: Führe die Arbeitsabläufe A-D in der Zeit X aus und das skalierbare Ergebnis wird Z sein. Und das war auch so.  Nur leider (oder: zum Glück?) ist das Leben an sich nicht planbar. Das erleben wir mindestens in unserem privaten Umfeld. Ein plötzlicher Unfall, eine längere Krankheit bringt unsere Pläne durcheinander. Den Bauer verhagelt es buchstäblich die Ernte. Den Prüfungsstoff wochenlang gelernt und beherrscht, am Prüfungstag hohes Fieber … das war es mit der super Note. Gerade den neuen Traumjob angenommen und eine Woche später kommt der Traumpartner daher, der/die leider 800 km entfernt lebt. Und jetzt? Job kündigen?

Und diese „Nicht-Planbarkeit“ gilt auch für unsere Wirtschaft und die Arbeitswelt. Das gibt nur keiner zu. Dann müssten wir uns ja eingestehen, dass nicht wir allein über Erfolg und Mißerfolg entscheiden. Und dass wir uns mit unseren Managementlehren geirrt haben. Niels Pläging ist jemand, der diesen Irrtum ganz klar aufzeigt. In seinem sehr empfehlenswerten Buch „Organisation für Komplexität“ schreibt er: „Viele Organisationen sind vom Dogma individueller Leistung durchdrungen. Dabei ist Einzelleistung ein Mythos.“ Die Idee, ein einzelner Manager, Verkäufer, Softwareentwickler oder Controller ist für den Umsatzerfolg, die fehlerfreie Software, die perfekte Kostenrechnung allein verantwortlich, ist absurd. Trotzdem werden in der Wirtschaft einzelne Geschäftsführer oder Top Verkäufer eingestellt mit der Erwartung, nun der Heilsbringer zu sein. Und wovon werden diese Erwartungen abgeleitet? Na klar, vom bisherigen Erfolg des Einzelnen. Aber auch das ist Blödsinn. Vielleicht war der Top Verkäufer in seinem bisherigen Job nur so gut, weil das Produkt einfach top war? Oder die Zeit gerade reif war. Das hätten auch „normale“ Verkäufer locker verkauft. Vielleicht. Vielleicht ist er/sie wirklich super! Aber eine Garantie, das er/sie diesen Erfolg im neuen Job wiederholt, den gibt es ganz sicher nicht.

Planbarer Erfolg ist eine Illusion. Und darum ist die Idee davon auch ein schlechter Witz. Und doch erliegen sehr kluge und weniger kluge Menschen dieser Illusion. Ein Jammer. Was heißt das denn jetzt für unser Thema, das Scheitern? Dass es Scheitern an sich nicht gibt!