„Muss die Jobsuche so schwierig wie Trüffelsuchen sein?
Eigentlich nein.
Wird Truffls unser aller „Jobtrüffelsucherschwein“?
Das könnte sein.“

Naja, das ist noch ein wenig Zukunftsmusik. Denn noch ist Truffls, das Kölner HR Start Up zur innovativen Jobsuche, ganz frisch am Markt und muss erst einmal zeigen, was es kann. Aber die Aussichten sind nicht schlecht. Truffls zeigt, wohin sich gerade ein ganzer Markt bewegt.

Recruiting der Zukunft – mit der „Semantischen Suche“

Bevor ich näher auf Truffls eingehe, muss ich ein paar Worte zum grundsätzlichen technologischen Trend des „Matchings“ von Jobs und Bewerbern verlieren. Denn das ist ja die eigentliche, große Frage des HR Universums, auf die auch „42“ nicht die richtige Antwort ist. „Wie finde ich die wirklich passenden Kandidaten für meinen Job“ bzw. „den passenden Job für mein Profil“? Und auch wenn es schon Forschungsaufträge gibt, aus dem Verhalten in Sozialen Netzwerken die mögliche Passung auf einen Job „herauszulesen“, müssen wir mal ganz ehrlich sein und feststellen, dass selbst der Vergleich von hard facts wie Ausbildung und Berufserfahrung noch nicht wirklich optimal funktioniert. Aber nun ja, die Menschheit fliegt ja auch zum Mond, ohne seine Infrastruktur auf der Erde wirklich zu beherrschen. Warum sollte das bei HR anders sein? Eben.

Das alles wird sich nun aber ändern, und zwar mit der „semantischen Suche“. Die semantische Suche wird etwas sein, was nicht nur HR in den nächsten Jahren immer mehr beschäftigen wird. Oder sollte ich sagen: Was uns allen immer mehr Arbeit abnimmt? Denn Suchmaschinen mit dieser „Technologie“ arbeiten intelligenter als „normale“ Suchmaschinen. Ein einfaches Beispiel aus dem HR Kontext: Ein Recruiter sucht einen Sales Manager für den Softwarevertrieb. Gibt er diese Begriffe als Suchabfrage in den ihm zugänglichen Datenbanken oder Netzwerken ein, bekommt er nur die Treffer angezeigt, die die Worte „Sales Manager“ und „Software“ beinhalten. Der erfahrene Recruiter weiß aber natürlich, dass manche „Sales Manager“ sich auch „Vertriebsmitarbeiter“, „VB“, „Account Manager“, „Key Account Manager“ oder auch „Business Development Manager“ nennen. Und führt daher für jeden dieser Begriffe eine eigene Suche durch. Dann kann er auch noch „Software“ z. B. durch „IT“ ersetzen und so ein noch breiteres Spektrum abdecken. Außerdem werden ihm im schlimmsten Fall in den Suchergebnissen auch Kandidaten anzeigt, die das Wort „Software“ z. B. in der Weiterbildung stehen haben. Aber eigentlich Autoverkäufer sind. Also: Jede Menge Such- und Sortierarbeitarbeit, die mühsam ist und für deren Erlernen (Stichwort Boolsche Operatoren) nicht umsonst pfiffige Berater / Dienstleister ganze Seminare anbieten. HR Arbeit wird auf der einen Seite immer technischer, analytischer, logischer. Und so fordert u.a. Robindro Ullah: „Wer ins Personalmanagement will, sollte Mathe studieren“.

Nur, geht die Job-/Bewerbersuche nicht auch einfacher (zumal im Zeitalter von Mondreisen)? Es geht. Xing hat es mit seinem Xing Talent Manager (XTM) am prominentesten vorgemacht und fährt damit gerade (zumindest) große Verkaufserfolge ein. Denn der XTM nutzt die Semantische Suche und durchsucht die Datenbank eben nicht nur nach dem „Sales Manager“, sondern auch automatisch nach allen anderen in Frage kommenden Begriffen. Und vielleicht noch einigen mehr? Und zwar in den richtigen Feldern. Und nimmt dem Recruiter damit die lästige Sucharbeit ab.

(Was die wenigsten wissen: Das „Matching-Herz“ des XTM schlägt durch die Technologie des Unternehmens Textkernel, das seine Produkte auch ohne den ganzen XTM anbietet. Da lohnt sich für alle Unternehmen mit hohem Bewerbungsaufkommen und für große Personalvermittler mal ein Blick in das Produktportfolio. Nur mal als kleiner Tipp. Und wer mehr zur Semantischen Suche erfahren möchte, kann sich hier mal dieses Video von Wolgang Brickwedde mit Textkernel GF Jakub Zavrel ansehen).

Truffls – Matching nach neuestem Standard

Aber jetzt zu Truffls.

Was genau steckt dahinter? Nun, auf dem ersten Blick ist es einfach eine weitere Meta Jobsuchmaschine. Denn Truffls bietet (noch) keine „eigenen“ Jobs, sondern zieht sich (per Crawling) alle im Netz verfügbaren Jobs automatisch. Von Online Jobbörsen genauso wie von Karriereseiten der Arbeitgeber. So weit, so nett, so unspektakulär. Wenn Truffls dabei stehen bleiben würde. Das tun die drei Gründer aber nicht. Denn jetzt kommt die eigentliche Kunst. Das intelligente Matching. Hier macht Truffls zwei Dinge: Erstens erfasst es alle Informationen einer Stellenanzeige, also nicht nur den Titel! Und zweitens erfasst es vom Jobsucher mehr als nur Ausbildung oder bisherige Berufstitel. Sondern fragt auch Fähigkeiten (die ich selber frei formuliere) und Talente (die ich aus einer großen Auswahl anklicke) ab. Das Ergebnis: Eine noch genauere Passung von Jobsucher und Job. Denn Unternehmen, die über Truffls Jobs anbieten, können ebenfalls angeben, welche Fähigkeiten und Talente der passende Bewerber, unabhängig von Studium oder Berufserfahrung, mitbringen muss. Der ganze Matchingprozess basiert auch bei Truffls im Wesentlichen auf den Prinzipen der Semantischen Suche. Wobei der für Design und Marketing zuständige Gründer Matthes Dohmeyer mir natürlich die genauen Algorithmen nicht verraten wollte … Ein wenig Einblick hat er mir aber doch gegeben: „Technisch verwenden wir u.a. eine Weiterentwicklung des Hidden Markov Modells (stochastisches Wahrscheinlichkeitsmodell). Zusätzlich verwenden wir Techniken des „information retrieval“, was als Informationsrückgewinnungstechnik zu verstehen ist. Dadurch „verstehen“ wir zum einen Stellenanzeigen mit ihrem Informationsgehalt als auch eben Lebensläufe, was ein Matching ermöglicht. Zusätzlich sind in unserem Matching Techniken des „collaborative filtering“ und „data mining“ integriert, wie es in etwa Amazon auch verwenden.“ Alles klar?

Seit heute Mittag ist auch die Datenintegration aus dem eigenen Xing bzw. Facebook Profil möglich. Truffls zieht dann auch die Infos aus dem „ich biete“ Feld in das Profil. Einfacher geht es wirklich nicht mehr.

Ein erstes Ergebnis aus meinem Selbstversuch:

Ohne Hinterlegung meines Profils und nur mit dem Suchkriterium „Recruiter“ und „Köln“ bekam ich zwei passende Jobs angeboten – und ansonsten unpassenden Kram. Nachdem ich aber mein komplettes Profil (auch mit Talenten) hinterlegt hatte, schlug Truffls mit automatisch besser passende Jobs vor. Diesmal waren da z. B. Jobs als Personalreferent, Personalberater, mehrere Unternehmensberater und ein HR Business Partner dabei. Alles recht dicht an meinem Profil. Und alles Jobs, nach denen ich namentlich hätte suchen müssen. Natürlich gab es auch unpassende Vorschläge, wie Store Manager oder Projektleiter CRM. Das hängt wahrscheinlich mit meiner Vertriebserfahrung zusammen. Aber für den Anfang gar nicht schlecht.

Und zum besseren Verständnis muss ich dazu erwähnen: Truffls konzentriert sich für den Anfang vor allem auf die MINT Berufe. Da die semantische Suche eine „lernende Technologie“ ist und von Truffls vor allem mit MINT Lebensläufen gefüttert und trainiert wird, sollte das Matching hier besser ausfallen als bei so einem weichen Allerweltsprofil wie bei mir. Hoffe ich zumindest. Ein kleiner Test mit „JEE“ brachte zumindest brauchbare Ergebnisse zu Tage.

Truffls – nicht nur leichter finden, sondern auch „ans Licht bringen“

Bis jetzt ist Truffls also eine Meta Jobsuchmaschine und eine intelligente Matching Software. Aber es geht auch noch einen Schritt weiter. Denn ich kann mich als Jobsucher auch direkt über Truffls mit meinem bei Truffls hinterlegten Profil auf die Jobs bewerben. Und Recruiter können mich direkt kontaktieren, wenn sie mein Profil interessant finden. Natürlich ist das nichts Neues. Die klassischen Online Jobbörsen bieten schon seit Jahren die Möglichkeit der direkten Bewerbung bzw. Ansprache aus dem System heraus. Es ist nur konsequent, dass Truffls das auch ermöglicht. Vielleicht ebnet das der „One Click Bewerbung weiter den Weg?

Truffls – ein erstes Fazit

Ist Truffls „die“ Lösung für eine bessere Jobsuche / ein besseres Recruiting? Nun, das wird die Zukunft zeigen müssen. Da Truffls quasi erst seit ein paar Tagen am Markt ist, gibt es sicherlich noch einige Kinderkrankheiten und Optimierungsmöglichkeiten. Wie jedes neue Produkt wird auch Truffls auf das offene Feedback der User angewiesen sein. Tatsache ist: Truffls ist auf einem sehr guten Weg, das Recruiting wieder ein Stück besser zu machen. Es ist damit aber auch nicht alleine. Die semantische Suche und das intelligentere Matching haben auch schon andere Anbieter entdeckt. Die ich sicherlich in den nächsten Monaten hier auch noch vorstellen werde.

Für mich ist bei all den neuen HR Start Ups immer wieder die Frage des Geschäftsmodells interessant. Wovon will Truffls leben? Von den Arbeitgebern, soviel ist schon mal klar. Wer als Arbeitgeber seine Jobs bei Truffls platziert sehen und auf passende Bewerber pro-aktiv zugehen will, wird dafür zahlen müssen. Wie das Bezahlmodell konkret aussehen wird, wird sich noch zeigen. Erst einmal geht es darum, wie bei allen Anbietern dieser Art, User und Traffic auf die Plattform zu bekommen. Die Unternehmen mit einzubeziehen ist dann der nächste Schritt. Und wo wir gerade bei den Finanzen sind: Truffls geht gerade in die nächste Finanzierungsrunde. Potentielle Investoren dürfen sich gerne melden.

Ich bin ein wenig in meiner Bewertung von Truffls hin- und her gerissen. Zum Einen finde ich die Jungs und die Idee sehr sympathisch. Es ist ein richtiger Schritt. Zum Anderen ist es aber auch „nur“ wieder eine Verfeinerung des bekannten Verfahrens der Stellenbesetzung: Anzeigen schalten/suchen und darauf hin ansprechen/bewerben. Ich persönlich glaube ja nach wie vor, dass wir (wenn wir Netzwerke richtig verstehen und nutzen) weder offizielle Stellenanzeigen, noch Recruiter, noch Personalberater /-vermittler brauchen. Aber vielleicht bin ich meiner Zeit da einfach zu weit voraus? Oder liege komplett daneben? Wir werden sehen. Truffls macht aus meiner Sicht den richtigen Schritt zur richtigen Zeit.

Für mich beruhigend zu sehen, dass eine meiner Thesen auch hier wieder bestätigt wird: Das Recruiting der Zukunft wird von Menschen und Technologie geprägt. Technologie macht ein besseres Matching möglich, bringt passende Spieler an einen Tisch, die vielleicht sonst nie von einander erfahren hätten. Worauf auch die Jungs von Truffls in ihrem blogartikel „Warum die Jobsuche (immer noch) so kompliziert ist“ hinweisen. Der Mensch wird dann der Schlüssel sein, ob ein Unternehmen die Vorteile der Technologie für sich nutzen kann. Denn am Ende sitzen sich zwei Menschen gegenüber, müssen zwei Menschen mit einander kommunizieren, mit einander arbeiten. Dann brauche ich kein Mathe oder intelligente Algorithmen mehr, sondern Soziale Kompetenz, Empathie und einen Job, der in der Praxis hält, was er online versprach. Und dann sind vielleicht die Recruiter gefragt, aber noch mehr die Hiring Manager. Weswegen wir die Betroffenen wieder zu Beteiligten machen müssen. Oder sind Sie etwa anderer Meinung?

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski