newwork 2025: Haben wir dann einen Fachkräftemangel? Oder steuern wir auf eine Zeit des akademischen Prekariats zu? Wird die Generation Y die „neue Arbeit“ gestalten? Freiheit, Selbstbestimmung, Vollbeschäftigung? Oder geht die Schere zwischen denen, die Arbeit verteilen und denen, die nehmen müssen, was sie bekommen können, weiter auseinander? Ich weiß es nicht. Was ich weiß ist, dass dieses Thema unserer Gesellschaft den Spiegel vorhalten wird. Wie gehen wir miteinander um? Was für ein Menschenbild haben wir? Unterscheiden wir zwischen Gewinnern und Verlierern? Oder werden wir auch in der Arbeitswelt tatsächlich das werden, was wir schon immer waren: Menschen – und keine Ressourcen? Diskutieren Sie mit!

newwork 2025: Worauf kommt es an?

Sven Gabor Jánzsky beschreibt in seinem sehr spannenden Buch „Das Recruiting-Dilemma“ die Arbeitswelt im Jahr 2025. Es herrscht Vollbeschäftigung und für fast alle Menschen bedeutet dies, sich die Jobs jederzeit aussuchen zu können. Die Arbeitgeber müssen sich also etwas einfallen lassen, um ihre Mitarbeiter zu finden und zu halten. Allerdings wird auch der Druck auf Arbeitnehmer/Projektarbeiter zunehmen. Denn zukunftsentscheidend wird es für die Mitarbeiter sein, immer auf dem neuesten (technologischen) Wissensstand zu sein. Um nach drei Jahren etwa beim nächsten Jobwechsel nicht den Anschluss verpasst zu haben und damit keinen neuen Job mehr zu finden. Oder gleich komplett eine Auszeit nehmen und wieder ein halbes Jahr an die Uni. Mit 50 Jahren oder so. Alles normal. (Kleiner Hinweis: Die drei Jahre von Jánszky decken sich mit der Einschätzung von Svenja Hofert aus ihrem Buch „Karriere mit System„. Unbedingt mal reinschauen!) Gute Arbeitgeber zeichnen sich dadurch aus, dass sie dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter auf dem neuesten Stand bleiben. Auch wenn sie das Unternehmen später verlassen. „Lebenslang Lernen können“ wird also eine Paradedisziplin der Zukunft. Und was noch? Das „Miteinander arbeiten können“. Zusammenarbeit, über alle Grenzen und Technologien hinweg, wird ein weiterer Standard. Dazu gehört sogenannte Collaboration Software, wie z. B. von slack, dem „am schnellsten wachsenden SaaS Anbieter aller Zeiten“, der mal eben 120 Mio. US-Dollar von Investoren eingesammelt haben. Dazu gehört aber noch was ganz anderes: Das „Menschlich miteinander arbeiten können„. Eric Haendeler bringt es in diesem kurzen Mitschnitt auf den Punkt, wenn er sagt, dass wir eine Veränderung der Arbeitskultur brauchen. Wir brauchen ein neues Sozialverhalten. Denn Arbeit wird aus „Planen, Organisieren, Problem lösen“ bestehen. Wir sind voneinander abhängig, weil jeder Experte auf einem bestimmten Gebiet ist. Ich muss mit unterschiedlichsten Menschen zusammenarbeiten können. Und seien wir ehrlich: Wer kann das wirklich? Ich kenne wenige.

In die gleiche Kerbe schlägt der von mir sehr geschätzte und querdenkende Prof. Dr. Gunter Dueck, Ex-CTO von IBM, in vielen seiner Beiträge und Reden. Einen weiteren, sehr interessanten Aspekt betont er hier in diesem kurzen Interviewausschnitt: Denken wir an Zukunft, dann denken wir an Innovationen. Die bekommen wir aber nicht durch Prozesse und Förderung von Themen, sondern nur durch Förderung von Menschen und ihren Talenten!

Wir halten fest: Worauf kommt es in Zukunft an? Auf Lernfähigkeit, Soziale Kompetenz und Talent/Willen/Neugier vor Können und Prozessen.

newwork 2025: Indikatoren der Gegenwart

Jetzt ist 2025 ja gar nicht mehr so weit weg. Da sollte man meinen, wir würden überall schon die Vorboten dieser neuen Arbeitswelt finden, oder? Also steigende Gehälter, weil die Fachkräfte rarer werden. Investitionen in die Weiterbildung der Mitarbeiter durch die Arbeitgeber. Konzentration auf Fähigkeiten und Interessen statt auf Wissen und Erfahrungen im Auswahlprozess. Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter ernst nehmen, sich für sie einsetzen und sich selbst zurücknehmen. Manager, die wissen, dass sie nicht mehr alles wissen können, und ihre Mitarbeiter mitentscheiden lassen. Ja, man sollte meinen, dass es all das schon gibt. Und tatsächlich, es gibt kleine Glanzlichter der newwork. Auf einige hatte ich in meinem Artikel „Führung der Zukunft“ schon hingewiesen. Und sogar der Harvard Business Manager hat es jetzt erkannt und diesen absolut richtigen Artikel über „Das Zeitalter der Empathie“ im Rahmen des Drucker Forums 2014 herausgebracht. Und Henning Kargermann sieht im Interview mit der ZEIT „den Menschen wieder im Vordergrund stehen“. Aber ist das schon breite Realität? Leider nein. Und wie wahrscheinlich ist es, dass in absehbarer Zeit ein Ruck durch die Managementlandschaft der Unternehmen geht und sie die richtigen Weichen stellen? Ich weiß es nicht. Aber ich bin skeptisch. Zum einen aus den Erfahrungen aus meinem eigenen Umfeld. Zum anderen aber auch aus Berichten wie diesen folgenden.  Der Spiegel schreibt über die arbeitslosen Akademischer in „Jung, fähig sucht … „. Der Fokus schreibt „Trotz Fachkräftemangel: So zockt die Wirtschaft ihren Nachwuchs ab„. Und ich persönlich kenne genug Menschen, die (sehr) gut ausgebildet, hoch motiviert – und arbeitslos sind. Oder sich zumindest sehr schwer mit einem Jobwechsel tun. Und ich kenne noch mehr Menschen, die über ihre Vorgesetzten stöhnen und die sich täglich „auf den Arm genommen“ fühlen (den etwas passenderen aber härteren Ausdruck möchte ich hier nicht verwenden). Da merkt man nichts von dem eh schwachsinningen Spruch vom „Menschen als wichtigste Ressource“. Ich habe bei meinem Vortrag zum Thema „Warum ein „weiter so“ im Talent Management nicht mehr funktionieren wird“ die Zuhörer gebeten, sich mal umzuschauen und zu überlegen, wer da mit ihnen zusammen sitzt. Eine „Mit-Ressource“? Oder ein Mitmensch? Die Lacher zeigten unverblümt die Krankhaftigkeit dieser Aussage!

Gunter Dueck sagt dazu in seinem Interview auf dem blog von Guido Bosbach zum Thema „Arbeitsvisionen 2025“  (Zitat):

„Die Arbeitswelt ist seit einiger Zeit der festen Meinung, den disruptiven oder revolutionären Veränderungen der Internetzeit mit mehr Arbeitsdichte, Optimierung im Kleinen und mit unbezahlten Überstunden zu begegnen, für man die Mitarbeiter extrameilenbegeistern muss. Den wirklichen Wandel besteht man so ganz bestimmt nicht, aber man weiß sich wohl keinen besseren Rat.“

Und damit hat er absolut Recht! Wo geht unsere Reise hin? Ich persönlich blicke mit Sorge in die Zukunft. Selbst wenn wir Vollbeschäftigung haben werden … werden wir von unseren Jobs auch leben können? Jeder Texter, Grafiker, Rechtsanwalt, sogar manche Ärzte – viele, ob mit oder ohne Studium, werden mit Wettbewerbern der ganzen Welt konkurrieren. Jeder kann jede Leistung von überall auf der Welt erbringen. Mit erheblichen Preisunterschieden. Und von den ungelernten Arbeiter will ich gar nicht schreiben.

newwork 2025: Hören Sie rein in die Gegenwart

Mein Ziel ist eine kleine Diskussion in Gang zu setzen. Hoffentlich mit Ihnen?! Gern hier. Auf dem schon erwähnten blog von Guido Bosbach bekommen Sie auch weiteren Input. Den Anfang macht allerdings ein Beitrag von Thilo Schmidt, freiberuflicher Journalist. Er hatte mich und Svenja Hofert zu einem Interview für einen seiner Beiträge gebeten. Der Schwerpunkt im Beitrag liegt allerdings bei zwei Vertretern der Generation Y. Aber anders, als Sie das vielleicht erwarten. Dieser Beitrag hat den Titel „Wenn es jemanden gibt, der uns zermürben will, dann macht er seinen Job gut“ Die Generation der um 30-Jährigen auf Sinn- und Arbeitssuche“ und läuft am Dienstag, 2. Dezember, um 19.30 Uhr im Deutschlandradio Kultur. Weitere Infos gibt es hier in der Programmvorschau. Ich kenne den Beitrag selber noch nicht und bin sehr gespannt.

Nachtrag vom 03.12.2014: Den Beitrag von Thilo Schmidt gibt es jetzt hier zum Anhören. 

Und hier ist der Beitrag in Schriftform nachzulesen. Für die „Überflieger“ unter uns.

Also, sind Sie dabei? Gestalten Sie die Arbeitswelt mit um? Oder diskutieren Sie zumindest mit? Ich würde mich freuen. Hier hören Sie Deutschlandradio Kultur über das Internet. Ab Mittwoch dann wird diskutiert – gerne über die Kommentarfunktion hier auf diesem Blog!

Herzlichen Gruß,

Henrik Zaborowski