PuzzleDen „Perfect Match“ im Recruiting herzustellen, dazu ist das start-up Students Connect angetreten. Das habe ich zumindest aus meinem Gespräch mit einem der Gründer, Max Klameth, beim World Business Dialogue in Köln mitgenommen. Das Unternehmen ist gerade gestartet. Mein erster Eindruck: Die Erfolgschancen stehen nicht schlecht!

Perfect Match – was dafür alles nötig ist

Um eine Idealbesetzung meiner Stelle zu erreichen bzw. den perfekten Traumjob zu finden, müssen mehrere Faktoren zusammen kommen. Erstens müssen beide Seiten, Recruiter und Kandidat, überhaupt einmal voneinander wissen, sich finden und einen Eindruck voneinander bekommen. Das ist ein Personalmarketing / Employer Branding Thema.
Zweitens muss klar sein, dass ein match für eine Stelle nicht nur aus fachlichen Qualifikationen besteht. Fachliche Qualifikationen sagen mir nur, ob jemand den Job beherrscht. Aber nicht, ob er in dem speziellen Job seine Spitzenleistungen abrufen kann. Das hängt nämlich von anderen Faktoren ab: Der Motivation (Was will ich erreichen? Karriere, einfach nur Geld verdienen, die Welt verbessern etc.), dem Arbeitsumfeld (Hierarchieebenen, Kollegen, Teamarbeit, Kundenkontakt, Vorgesetztenverhalten etc.) und den Werten (Geld, Respekt, Anerkennung, Ellenbogen, Liebe etc.).
Ich könnte jetzt drittens noch das Fass aufmachen, dass auch dokumentierte, fachliche Qualifikationen kein Garant für die Eignung für eine Stelle sind. Aber das mache ich jetzt nicht, verweise Interessierte aber gerne auf meinen Artikel über Noah, der die Welt rettet.

Perfect Match im Employer Branding – bisher schwierig in der Praxis

Im Recruiting müssen beide Seiten, Recruiter und Kandidaten, mit der Komplexität und Unüberschaubarkeit der Welt klar kommen. Mit Komplexität umgehen kann ich nur, indem ich meine Welt verkleinere. Als Unternehmen kann ich z. B. meine Personalmarketingkanäle reduzieren und mich bei wenigen Bewerbern besser um die Auswahl kümmern. Oder ich kann auf allen Kanälen suchen und Anzeigen schalten und dann mit engen Auswahlkritieren die Massen reduzieren.

Die Bewerber wiederrum fokussieren sich anhand der (fehlenden) Informationen, die ihnen zur Verfügung stehen. Ich bewerbe mich bei Unternehmen, die bekannt sind, in meiner Region sitzen, mir empfohlen werden oder dir eine Stellenanzeige schalten, die mich interessiert. Viele andere Unternehmen / Jobs tauchen aufgrund der Masse an potentiellen Arbeitgebern nie in meinem Sichtfeld auf. Was schade ist.
Hier setzt eigentlich das Employer Branding an. Unternehmen wollen ein Image als Arbeitgeber aufbauen und kommunizieren, damit sie für Bewerber, die dieses Image suchen, auf sich aufmerksam werden. Zwar steigern inzwischen alle Unternehmen ihre Employer Branding Aktivitäten, aber zum Einen werben die meisten mit den gleichen Buzzwords (Unterschiede sind schwer festzustellen) und zum anderen sagt das offizielle Employer Branding eines Unternehmens nichts über das Umfeld und die Arbeitskultur in der Abteilung XY aus. Die kann in Abteilung Z wieder ganz anders sein. Von daher sind, gerade bei Großunternehmen, die einzelnen Abteilungen und ihre Jobs immer noch eine black box für die Bewerber.

Perfect Match in der Auswahl – bisher immer zu kurz gegriffen

Haben beiden Seiten dann zusammengefunden, werden die oben erwähnten „weichen“ Faktoren wie Motivation, Arbeitsumfeld und Werte bisher in der Personalauswahl nur rudimentär behandelt. Weil es bisher niemanden wirklich interessiert hat. Weil wir aus der Industrialisierung kommen, in der ein Job ein Job und sonst nichts ist. Was von beiden Seitens auch durchaus verständlich ist. Wenn ich schon im Gespräch sitze und den Eindruck habe, der Bewerber / der Job passt gut, dann will ich mich im Zweifel nicht durch eine Wertdiskussion raushauen. Dann sage ich halt das, was der anderen hören will. Alles nicht optimal, oder? Ne, natürlich nicht. In der Personalauswahl läuft viele s nicht optimal. Das ist die gängige Praxis. Aber geht das nicht auch anders?

Perfect Match – jetzt mit Students Connect?

Hier kommt ein Versuch, es besser zu machen. Das start-up Students Connect greift diese weichen Faktoren schon im Vorfeld ab. Als Unternehmen muss ich angeben, welche Möglichkeiten dieser spezielle Job bietet und welche Motivation und Werte ein Bewerber dafür mitbringen sollte. Kandidaten wiederum geben an, was ihnen wichtig ist. Die hard facts wie Studium, Noten etc. kommen natürlich auch noch dazu. Und dann machted das System beide Seiten nach den jeweiligen Kriterien und zeigt, wie bei einer Partnerbörse, entsprechend passende Profile an. Ich sehe sie mir an und kann entscheiden, ob ich zu einer der passenden Personen / Unternehmen Kontakt aufnehmen möchte.

Perfect Match – wirklich?

Auch Student Connect wird den Perfect Match nicht 100% hinbekommen. Mir fehlen hier vor allem die Fähigkeiten, die unabhängig von den theoretischen Kenntnissen da sind. Aber Student Connect geht einen sehr großen Schritt weiter, in dem es die weichen Faktoren abgreift. Jetzt bleibt abzuwarten ob, wie im Employer Branding, nicht wieder alle Unternehmen das angeben, was sie vermuten, dass Bewerber es hören wollen. Oder ob sie die Wahrheit sagen. Und ob die Wahrheiten überhaupt so unterschiedlich sind, dass sich daraus eine Selektion ergibt. Wer weiß, vielleicht stellen wir mit Student Connect ja auch fest, dass das Arbeiten eigentlich überall gleich ist?

Perfect Match – für wen?

Aus meiner Sicht eignet sich das System vor allem für unbekannte Arbeitgeber, die besondere Faktoren zu bieten haben und eben ohne die Abfrage dieser weichen Faktoren gar nicht in den Blick der Bewerber geraten würden. Aber auch einzelne Abteilungen großer Unternehmen können davon profitieren. Wenn ich z. B. in meiner Abteilung ein Arbeitsumfeld biete, das nicht dem allgemeinen Image des Unternehmens entspricht und das Außenstehende nie vermuten würden. Dann rückt mit dem matching dieser Job in den Vordergrund, obwohl das Unternehmen als Gesamtheit diese Faktoren nicht erfüllt und ein Bewerber sich nie beworben hätte.

Perfect Match – eine Einschätzung

Sollten wir wirklich dahin kommen, dass die zukünftigen Arbeitnehmer anfangen, selbstbewusst und reflektiert ihre Jobanforderungen zu formulieren und sich die Unternehmen darauf einlassen, dann ist Student Connect auf einem guten Weg, diesen Prozess zu unterstützen. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass die Unternehmen noch nicht so weit sind, sich auf dieses „Spiel“ einzulassen. Ich tippe auf einen hohen Anteil „gefakter“ Jobprofile der Unternehmen. Oder netter formuliert: Es werden sich noch viele Abteilungen ihre Jobangebote schön trinken. Aber trotzdem: Es ist ein erster Ansatz.

Oder was meinen Sie?

Ihr Henrik Zaborowski