Feelgood! Was für manche genervte Personaler nur das Lebensmotto der Generation Y ist, kann aber auch der Beginn einer neuen Ära der Jobsuche bedeuten. Wohlfühlen wollen wir uns doch alle … irgendwie, irgendwo, irgendwann. Nicht erst als Rentner mit 75 (ach nee, 63). Nur, wie finde ich Jobs / Unternehmen zum Wohlfühlen? Soziale Netzwerke sollten eine Hilfe sein, oder? Sollten. „Gefühlt“ fühlen sich allerdings mittlerweile nicht wenige von den Social Media Network Platzhirschen XING und Linkedin „gelinked“. Von Facebook rede ich mal gar nicht erst. Was es mit diesen Gedanken auf sich hat, und welche Maßnahmen Sie ergreifen können, um das für Sie Beste aus den Netzwerken rauszuholen und was Sie tun sollten, wenn Sie tatsächlich rufen  „Yes, I feel good at work“ – das lesen Sie jetzt hier.

Linkedin, Xing & Co. – nur gemietete Räume!

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich Werbung machen und betone das, weil ich voll und ganz hinter dem „Produkt“ stehe. Zumal es kein Produkt, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut ist. Dazu noch ein überaus charmanter und, wie ich mich auf dem HR Barcamp in Berlin und in diversen blogartikeln und Kommentaren überzeugen konnte, darüber hinaus jemand, der einen interessanten Blickwinkel auf HR in Social Media hat. Gemeint ist mein Blogger Kollege Michael Rajiv Shah, ein echter Experte für messbare Wirkung im Social Web. Misha, wie er auch genannt wird, hat gerade wieder einen spannenden Artikel darüber verfasst, dass wir User nur Mieter bei Linkedin, Xing & Co. sind. Und diese sich aufführen wie Vermieter im 19. Jahrhundert: Da werden von heute auf morgen, ohne vorherige Kommunikation, einfach Leistungen, Produkte, Dienstleistungen geändert und gestrichen wie es gerade zur Produktstrategie passt. Der User kann es nur akzeptieren – oder gehen. Love it or leave it. Die Frage ist, welchen Gefallen sich die Anbieter mit diesem Handeln tun? Denn niemand ist unersetzlich, auch keine Nr.1 und Nr. 2 der Business Netzwerke (dazu weiter unten mehr). Xing ist für mich ein Paradebeispiel, wie eine an sich gute Idee (Menschen auf Geschäftsebene mit einander zu verbinden) sich ins totale Gegenteil verkehrt. Je mehr User bei Xing registriert sind, um so stärker wird die Plattform auf eine reine Datenbank für Recruiter getrimmt. Und selbst hier wird noch ausgeschlachtet. Bestes Beispiel ist die Recruiterlizenz, die es bald nicht mehr geben wird. Statt dessen müssen Unternehmen, die Xing professioneller für das Recruiting nutzen möchten, auf den deutlich deutlich teureren Xing Talent Manager ausweichen. Der für Großunternehmen sehr gut geeignet ist, für die meisten KMUs aber einfach zu groß und zu teuer ist. Für Recruiter aber ein absolutes Muss, oder?

Jetzt muss ich zugeben, dass ich Xing vor allem als Adressbuch nutze. Wie viele andere User auch. Na gut, wer mich kennt weiß: Ja, ich poste auch alle meine blogartikel auf Xing (und vielen anderen Netzwerken).  Aber darf ich ehrlich sein? Was bringt’s? Außer mehr Reichweite und ein wenig Aufmerksamkeit. Aber all die anderen Features, wie z. B. die Xing Gruppen – wer nutzt die wirklich? Klare Antwort: Immer die selben. Schauen Sie sich eine beliebige Xing Gruppe an. Egal wie viele User dort Mitglied sind – es posten immer die selben 5-20 Köpfe. Meistens Dienstleister, die sich vermarkten wollen. Legitim. Aber wer braucht das? Ich hatte so meine Erfahrungen mit Gruppen, in denen sich über das Recruiting und den Bewerbungsprozess ausgetauscht wird. Nach drei oder vier Wortmeldungen von mir habe ich vor vielen Jahren großen Abstand davon genommen. Es war gruselig, wie sehr „man“ mißverstanden werden kann oder will. Aber ich schweife mal wieder ab. Wer reagiert auf meine Posts? Eigentlich keiner! Bzw. immer die selben! Ich habe 1600 Kontakte auf Xing. Wieviele meiner Kontakte sehe ich regelmässig auf meiner Startseite? Genau, immer die selben 10-20 User. Das ist sehr nett! Aber wo sind die restlichen 1580 Kontakte? Interessant finde ich, wie viele mich im echten Leben ansprechen oder nebenbei erwähnen „Tolle Artikel von dir, Henrik“. Und ich denke: „Ach, Du liest die? Merke ich gar nichts von“. Freut mich natürlich trotzdem. Aber echte „soziale Interaktion“ sieht anders aus. Ich vermute mal, die meisten Xing User arbeiten im echten Leben und lassen Social Media einen guten Mann sein. Wenn das so ist (und es ist so, liebe Leser), wer braucht dann so ein Netzwerk? Ahja, genau, da war noch was: Die Recruiter und Recruitingdienstleister! Xing denkt also konsequent betriebswirtschaftlich, wenn es seinen Nutzen für diese Zielgruppe weiter ausbaut. Ob die Unzufriedenheit vieler Unternehmen mit dem „neuen“ Social Media Recruiting daran liegt, dass sie es einfach nicht professionell machen oder daran, dass die User der Sozialen Netzwerke zunehmen genervt von den Anfragen sind und nicht mehr reagieren – die Antwort wird wahrscheinlich wie immer in der Mitte liegen. Lösungen dazu gibt es aber auch, gehen Sie halt direkt über Los.

Und wenn ich hier so über Xing sinniere, fällt Ihnen, lieber Leser, bestimmt auf: Warum schreibe ich eigentlich nicht über Linkedin? Ja, eine gute Frage. Und die einfache Antwort: Ich nutze es viel zu wenig! Tatsächlich finde ich es optisch relativ wirr, ich brauchte in der Vergangenheit den starken internationalen Aspekt von Linkedin nicht und – es war/ist mir einfach zu teuer für das, was ich brauchen könnte. Umso dankbarer war ich, als Misha (Sie erinnern sich, der charmante Social Media Experte) mir sein neustes Buch vorstellte: „Karrierebeschleunigung mit Linkedin„. Ich hatte vorher schon sein Buch „Twitter für Einsteiger“ erworben, was mir doch nochmal einiges klar machte (dass ich vielleicht doch kein besserer Twitteristi geworden bin, wird an mir liegen …). In seinem Buch über Linkedin geht Misha nicht nur intensiv auf die optimale Nutzung von Linkedin für das Recruiting, die Jobsuche, das Netzwerken und das Personal Branding ein, sondern gibt auch einen Überblick über die Sozialen Netzwerke an sich, vergleicht Xing und Linkedin und lässt auch noch weitere Fachleute zu Wort kommen, wie z. B. den bekannten Jochen Mai oder die noch nicht so ganz bekannte Barbara Braehmer (die für alle, die sich im Active Sourcing fitt machen wollen, ein echter Tipp ist). Alles in allem also ein rundum gelungenes Buch für alle, die sich bisher mit Linkedin weniger beschäftigt haben – aber auch für Experten, die mit Sicherheit noch Neues erfahren werden. Kurzweilig geschrieben, mit Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels und mit vielen vielen konkreten Beispielen. Macht Spaß zu Lesen!

 

Feelgood at work – mehr als ein Wunschtraum?

Ich schrieb weiter oben, dass niemand unersetzlich ist. Auch keine Platzhirsche der Sozialen Netzwerke. Und dann war da doch noch was mit  dem „Feelgood“?! Was hat es damit auf sich? Nun, vor einiger Zeit machte mich der legendäre Mister „ich lege den Finger (nicht nur) in die Karriereseiten Wunde“ Henner Knabenreich auf ein neues Unternehmen aufmerksam, das ich mir unbedingt mal ansehen sollte. Die Rede ist von „Feelgood-at-work„, einem Hamburger Start Up. Die Mission: Unternehmen, bei denen es wirklich Spaß macht zu arbeiten, eine innovative Plattform zu geben, um sich zu präsentieren. Naja, die Mission ist ein wenig umfangreicher, aber das können Sie natürlich gerne direkt hier auf der homepage nachlesen. Oder beim aktuellen Feelgood-Artikel vom Henner. Ganz ehrlich: Ich war skeptisch! Die Idee ist nett, aber Sie kennen vielleicht schon meine Gedanken zu den Employer Branding Scheinriesen? Vieles, was HR oder das Management nach außen kommuniziert (Mitarbeiter als Mensch, offene Unternehmenskultur etc.), ist den digital space nicht wert, den es verbraucht. Aber nun gut. Und auch die Idee, einen „Feelgood-Manager“ im Unternehmen zu installieren, halte ich für … naja … nicht wirklich zielführend. Aber jetzt hatte ich die Gelegenheit, mich mit dem Gründer Christian Schrader mal genauer zu unterhalten. Und ich muss sagen: Sie sollten das Unternehmen im Auge behalten. Der Mann ist gut und mit ein wenig Feinarbeit am Konzept wird „Feelgood-at-work“ eine Plattform werden, die großes Potential hat. Nicht nur als Employer Branding Tool. Ich habe da auf jeden Fall schon so ein paar Ideen … Sollten Sie also in einem Unternehmen arbeiten von dem Sie persönlich behaupten können „Ja, hier arbeite ich gerne!“ – dann probieren Sie „Feelgood-at-work“ doch mal aus und präsentieren sich Jobsuchern, die mehr als nur Kohle wollen. Naja, die Vorbereitung ist ein wenig umfangreicher, gebe ich zu. Aber wer hat gesagt, dass es einfach ist, ein guter Arbeitgeber zu sein? Und das auch noch zu kommunizieren? Eben – ich nicht.

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski