Wir alle kennen die Geschichte von Noah, der die Arche baut und damit den Fortbestand der Menschheit und aller Tierarten sichert. Wer sie noch einmal nachlesen möchte, findet sie hier:

Eine Erfolgsgeschichte, wie sie von keinem anderen Menschen mehr erbracht wurde. Ein Mann rettet die Welt. Wahnsinn. Was können wir von dieser Geschichte für die (moderne) Personalarbeit lernen?

Nun, da drängt sich mir doch gleich eine Frage auf: „Was für ein Anforderungsprofil hatte Gott für diese Aufgabe (Rettung der Welt) im Kopf? Was musste der Held dieser Geschichte alles beherrschen, um erfolgreich zu sein?“

Die Antwort finden wir am Anfang der Geschichte. Dort heißt es „Noah lebte so, wie es Gott gefiel, und hörte auf ihn. … Die Menschen, die ihn kannten wussten, dass er ein vorbildliches Leben führt“.

Das waren die Auswahlkriterien! Ein vorbildliches Leben und Gehorsam. Wie altertümlich, da schüttelt sich der moderne Personaler. Und so ganz frei von pseudowissenschaftlichen Methoden. War das naiv von Gott? Oder wusste er vielleicht schon damals, was wir heute alle aus Erfahrung wissen: „we hire for skills and fire for attitude“. Die Frage der Fähigkeiten löste Gott klassisch, in dem er Noah klare Arbeitsanweisungen gab, wie er die Arche zu bauen hat (1. Mose 6, ab Vers 14). Und dann legen Noah und seine Söhne einfach los. Grundsätzliches handwerkliches Geschick können wir wohl voraussetzen. So einfach kann die Bewältigung einer Herkulesaufgabe sein, oder?

Jetzt weiß ich natürlich, dass Kritiker mir unterstellen können, ich würde hier das völlig veraltete Menschenbild transportieren, das der ideale Mitarbeiter ohne jegliche Kreativität oder intrinsische Motivation einfach nur nach Vorgaben „abarbeitet“. Und so etwas in unserer heutigen, schnellen Wirtschaft ja überhaupt nicht mehr funktioniert. Aber das ist hier nicht meine Aussage – im Gegenteil.

Was war das Besondere an dieser Aufgabe? Nicht der Bau der Arche. Das war Handwerk. Der schwierige Teil war das Durchhalten. Ein Schiff über mehrere Monate hinweg zu bauen. Mitten auf dem Land. Kein Fluss, Kanal oder Meer in Reichweite. Zum Gespött der Menschen zu werden. Und sich immer zu fragen: Tritt auch wirklich ein, was Gott vorhersagt? Es ist eigentlich unmöglich. Mach ich mich nicht zum größten Idioten der Geschichte?

Und dann kam die Flut und Noah ist über ein Jahr mit seiner Familie und allen Tieren eingesperrt. Keine Kommunikation nach außen. Fern ab von Facebook, Twitter & Co. Selbst für die Menschen damals muss das irgendwann unerträglich gewesen sein. Aber sie halten durch. Und Noah und seine Familie werden die Eltern einer neuen Menschheit.

Ob Noah dieser Belastung gewachsen war, konnte man nicht am bisherigen Werdegang oder guten Studienleistungen ablesen. Noah hatte offensichtlich die Fähigkeit, sehr fokussiert und geduldig zu sein und Panik nicht aufkommen zu lassen. Er wäre mit Sicherheit auch ein exzellenter Raumfahrer geworden. Diese Eigenschaften liegen aber in seiner Persönlichkeit, nicht in seinem Können. Und ein Lebenslauf gibt wenig Einblick in die Persönlichkeit.

Welche Schlussfolgerungen können wir hieraus ziehen?

Zum Einen behaupte ich, dass die meisten Jobs dieser Welt von den meisten Menschen ausgeführt werden können. Ohne besondere Kompetenzen oder ohne ein High Potential zu sein. Weil die meisten Jobs keine besondere Kompetenz erfordern, sondern einfach nur eine solide Ausbildung, gründliche Einarbeitung, eine gewisse Intelligenz und – die nötige Motivation. Noah ist der beeindruckende Beweis.

Damit stelle ich mich neben Noah auch auf die Erkenntnis von Thomas DeLong, Professor für Management an der Harvard Business School, der darauf hinweist, dass die meisten Jobs nicht von High Potentials, sondern von (in meinen Worten) soliden Arbeitern besetzt werden (sollten). Diese soliden Arbeiter machen 90% der Belegschaft eines Unternehmens aus.

Zum Anderen liegt der Schlüssel für den Erfolg nicht immer nur in der Qualifikation, sondern offensichtlich noch viel mehr in der der Motivation und der Bindung des Mitarbeiters an den Arbeitgeber. Oder sollte ich noch konkreter, an den direkten Chef sagen? Noah ist der Prototyp des Arbeiters, der in der Monotonie des Banalen die Bindung an seinen Arbeitgeber behält.

Offensichtlich hatte Gott in der Vergangenheit so eine emotionale Bindung mit Noah erreicht, dass dieser die lange Durststrecke auch ohne Erfolgserlebnis durchstehen konnte. Er wusste, was er zu tun hat, wusste auf wen er sich einlässt und das er von seinem Chef nicht allein gelassen wird. Und das hat zum Erfolg geführt.

Fazit:
Für die meisten Jobs sollten wir vor allem die Motivation und Persönlichkeitsstruktur der Mitarbeiter berücksichtigen. Fachliche Qualifikation kann man sich aneignen. Und: Eine Zusammenarbeit, die auf Vertrauen und gegenseitigem Respekt basiert, hält länger und erfolgreicher als über Geld, Macht oder zukünftigen Versprechungen „erkaufte“ Loyalität.