Gestern erlebten wir einen grandiosen Fussballabend – mit gar nicht so vielen Abseitsfallen. Heute lese ich im managermagazinonline ein Interview mit BCG Partner Rainer Strack über den globalen Arbeitskräftemangel. BCG hat den Arbeitsmarkt der Zukunft untersucht und stellt fest: „Deutschland braucht 10 Millionen Mitarbeiter zusätzlich“. Upps, na dann mal los. Da ich weder so schlau bin noch so strategisch denken kann wie BCG Berater und die ihren Job sicherlich nicht nebenbei betreiben, „glaube“ ich das einfach mal. Wobei, 10 Mio.? Das ist schon ne Menge, oder? Liest sich dann doch unglaubwürdig. Aber egal, bilden Sie sich selbst eine Meinung. Schön ist, was BCG den Unternehmen empfiehlt: Mehr im Recruiting und für die Mitarbeiter zu tun! Schon mal gehört? Na, da habe ich wieder eine Story für Sie. Und einen Tipp: Nutzen Sie das „Abseits“.
Recruiting der Zukunft – so weiter wie bisher?
Also, BCG hat die Lösung für den Arbeitskräftemangel. Zitat BCG Partner Strack: „Wir glauben, dass der Talentmarkt viel intensiver wird. Ich muss mich als Unternehmen viel mehr darum kümmern, dass ich die erforderlichen Ressourcen und Mitarbeiter bekomme. Wir sehen jetzt schon, dass Firmen viel stärker in Employer Branding investieren, um attraktiver zu werden. Für eine offene Stelle bekommen sie vielleicht nur noch zwei Bewerbungen statt bisher zehn.“
Vielen Dank für diese Empfehlung, das hätte ich jetzt nicht gedacht. Obwohl … Ich habe die letzten Wochen eine qualitativ durchaus hochwertige Befragung in meinem HR Netzwerk durchgeführt und bin auf interessante Tatsachen gestossen. Dazu bald hoffentlich mehr. Nur soviel vorab: Davon, dass Unternehmen schon jetzt mehr tun (müssen), merke ich nicht viel. Recruiting scheint noch zu laufen. Naja, dass der Fachkräftemangel nur ein HR Buzzword ist, darüber hatte ich ja schon geschrieben.
Mir scheint eher, nicht die Unternehmen machen etwas falsch, sondern die Bewerber! Und für diese These habe ich wieder einen wunderbaren Praxisbericht. Vor ein paar Wochen sprach mich ein IT Berater aus meinem Netzwerk an, der sich beruflich verändern möchte. Raus aus der Beratung, rein in ein Unternehmen in seiner Heimatregion. Der Mann kann sich die Jobs aussuchen, auch wenn ich diese Plattitüde häufiger gebrauche, stimmt es in diesem Fall wirklich. Top Abschlüsse, drei Jahre Berufserfahrung in denen er mit aktuell sehr gefragten Softwareentwicklungstechnologien gearbeitet hat. Dazu nicht zu teuer und ein netter Typ. Er hat sich auf Stellenanzeigen beworben. U.a. bei zwei namhaften Unternehmen in seiner Region. Eins davon macht immer mal wieder mit innovativen Recruitingaktionen für IT Spezialisten auf sich aufmerksam. Von beiden hat er außer einer Eingangsbestätigung auch nach vier Wochen nichts gehört/gelesen. Und jetzt war er etwas verunsichert, woran das denn liegen könne und was er tun sollte. Ich beruhigte ihn, dass das nichts mit ihm zu tun hat. Und empfahl ihm einen Alternativweg: Er solle einfach auf XING, kununu und Feelgood@work nach Unternehmen in seiner Region suchen, die ihm gefallen. Und dann unabhängig von irgendwelchen Stellenanzeigen den Kontakt aufnehmen. Ergebnis: Nach einer Woche hatte er zwei Vorstellungsgespräche und zwei Telefoninterviews. Diesen Weg habe ich schon 2001 in meiner Diplomarbeit empfohlen, Lars Hahn hat es (in etwas anderer Form) im Interview mit Jochen Mai auch mal wieder betont – und viele andere können es ebenfalls bestätigen.
Recruiting der Zukunft – das Abseits nutzen!
Was lernen wir daraus? Sicherlich sollte es nicht passieren, dass so ein Top Bewerber vier Wochen lang nichts vom Unternehmen hört. Und auch die Erfahrungen eines Bewerbers auf dem Blog von Robindro Ullah dürften eigentlich nur aus „1001 Nacht“ stammen. Tun sie aber nicht. Das ist die Realität. Also ist es Aufgabe der Bewerber, sich abseits vom mainstream auf Jobsuche zu begeben. Und Aufgabe der Unternehmen, auch „im Abseits“ gefunden zu werden. Google sollte Ihr bester Freund werden, liebe Personaler. Da helfen auch schon mal bunte Bilder, wie Henner Knabenreich jüngst schrieb. Über Google, SEO und Konsorten lerne ich durch meine Interimtätigkeit bei Feelgood@work auch gerade wieder einiges. Und die meisten Unternehmen stehen in der Hinsicht nicht mal am Anfang des Weges, sondern stolpern noch über das Geröll der Steinzeit mühsam daher. Ich verspreche ihnen schnelle Hilfe. Aber auch dazu mehr zu einem anderen Zeitpunkt.
Also, genießen wir gemeinsam in stiller Freude das grandiose Ergebnis des Fussballspiels gestern (arme Brasilianer) – und machen Sie sich Gedanken, wie Sie das Abseits für sich nutzen können.
Herzlichen Gruß,
Ihr Henrik Zaborowski