Candidate Matrix? Das liest sich wie ein Begriff aus Terry Pratchett’s Scheibenweltromanen, oder? Ich LIEBE diese Romane. Naja, vielleicht liegt es daran, dass das, was ich beruflich im Recruiting so erlebe(n muss), mich sehr an die Scheibenwelt erinnert. Sie wissen doch „Die Scheibenwelt wird von vier Elefanten durch das Universum getragen, die auf dem Rücken einer riesigen Schildkröte – Groß-A’Tuin – stehen. Die Bewohner der Scheibenwelt kümmert das eigentlich nicht.“ Kommt Ihnen das bekannt vor? Mir ja und ich erkläre Ihnen auch gleich, warum. Bei Recruiting und „Candidate Experience“ muss ich übrigens immer an Steine denken. Sie auch? Das hat Gründe. Und dabei ist Pratchett’s Klassiker „Rollende Steine“ noch der geringste.

Candidate Matrix – orientierungslos in den Wirrungen des HR Alltags

Die Welt wird von vier Elefanten getragen, die auf dem Rücken einer riesigen Schildkröte stehen? Klingt komisch, oder? Naja, so seltsame Dinge finde ich aber auch im Recruiting jeden Tag. Einige Beispiele aus dem operativen HR Alltag, in dem Recruiting „halt vorkommt“? Gerne.

Unternehmen …

  • zahlen pauschal 600-900 Euro für eine Stellenanzeige, ohne zu wissen, was sie dafür bekommen
  • wenn sie die Anzeige gebucht haben, kontrollieren die wenigsten, was sie am Ende gebracht hat
  • freuen sich über den Personalberater, der ihnen laufend tolle Bewerber schickt – und fragen sich nicht, warum sie diese Bewerber nicht selber finden
  • nutzen ein E-Recruitingsystem, das umständlich, nicht intuitiv, voller bugs und „häßlich“ ist – und freuen sich, wie toll sie nach zwei Jahren gelernt haben, die Fehlers des Programms auszutricksen
  • haben keine Ahnung, welche Kanäle welchen Traffic auf ihre Karriereseite bringen – und akzeptieren das
  • nennen keine Ansprechpartner und Telefonnummern für Bewerber
  • lassen Bewerber vier Wochen (oder länger) auf Feedback warten, weil sie selber kein Feedback vom Fachbereich bekommen
  • verschieben Interviewtermine mit den Entscheidern kurzfristig, weil das Business dann wohl doch wichtiger ist

Naja, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich finde das zumindest seltsam. Warum? Nun, wenn Sie die Margen der Jobbörsen kennen und wissen, dass diese einen großen Teil ihres Traffics wiederum über Google und Metasuchmaschinen „einkaufen“, dann schlage ich vor: Machen Sie das doch auch. Z. B. über indeed, kimeta, Google Adwords. Pay per Click heißt der Zauberbegriff. Damit schlagen Sie im übrigen auch dem Thema „mobil“ ein Schnippchen. Denn während, wie Eva Zils mal wieder festgestellt hat, die meisten Jobbörsen noch nicht mobil optimiert sind, ist Indeed zumindest die beliebteste Job App in Deutschland. Fragen Sie doch mal Ihre Agentur, die sollte sich da auskennen. Aber wie ich in Gesprächen mit Agenturen und HR wieder gelernt habe: Die Notwendigkeit wird noch nicht gesehen.

Okay. Anderes Thema. Wie wäre es mit E-Recruiting Systemen? Auha, jetzt bewege ich mich auf ganz dünnem Eis. Denn lassen Sie es mich mal so sagen: Das erfolgreichste System ist nicht das beste Produkt, sondern das mit dem besten Verkäufer. Alte Software-Vertriebler-Weisheit (die gilt übrigens auch für Jobbörsen, da ist es dann aber vor allem eine Frage des größeren Marketingbudgets). Das Prinzip ist einfach: Versprochen wird am Anfang alles, dann wird in Verhandlungen mit HR ein wenig nachgegeben, beim Einkauf dann nochmal ein wenig (keine Angst um die Anbieter, die Nachlässe waren vorher alle einkalkuliert), bei ein paar Sonderwünschen wird etwas gestöhnt („Au, das weicht aber jetzt stark vom Standard ab, da müssen wir ziemlich Hand anlegen. Das machen wir für Sie, ausnahmsweise. Aber das kostet mindestens fünf Beratertage extra“). Oder, auch sehr schön: Sie kaufen ein PE- oder Gehaltsabrechnungssystem und der Anbieter sagt, „Hey, ich habe hier auch noch ein E-Recruitingmodul. Nehmen Sie das doch auch. Kriegen Sie für nen kleinen Preis.“ Und wenn HR dann unterschrieben hat, ist der Drops gelutscht. Bis Sie merken, dass die Software nicht sauber läuft, Funktionalitäten nicht hat oder einfach umständlicher ist als gedacht, ist die Migration von den Alt-Daten gelaufen, die Mitarbeiter eingearbeitet und die Bereitschaft, jetzt nochmal alles abzulösen, gleich Null. Naja, wer weiß schließlich, ob eine andere Software es besser kann. Dann lieber noch zusätzliche Beratertage kaufen, um „das Ding ein wenig anzupassen“. HR als Meister der Anpassung. Das ist als Kompliment gemeint. Dabei wäre das Ganze auch einfach gegangen. Komischerweise haben Anbieter von kostenlosen (!!) E-Recruitingsystemen wie GoHiring das Geschäftsmodell aufgegeben. Weil keiner ein einfaches, schlichtes, schickes System haben wollte. Versteh ich nicht.

Oder … warten Sie … hat es vielleicht einfach damit zu tun, dass die große Mehrheit aller Softwareuser seit Jahrzehnten Microsoft – und damit mittelmässiges – gewohnt sind? Ich LIEBE meinen Mac! Nee, das gehört glaube ich jetzt nicht hierher …

Naja, und dann wären wir da noch bei Traffickanälen und ihren Erfolgen. Ich kenne mehrere erfolgreiche Online-Unternehmen, die stundengenau  wissen, welche Produkt-Werbungen & Kanäle nicht nur den meisten Traffic, sondern auch die höchste Kaufrate bringen. Aber glauben Sie mal nicht, dass deren HR Abteilungen von diesem Know How profitieren. Für HR sind schlicht keine internen Ressourcen da, um das zu realsieren. Für einen Menschen aus dem E-Commerce wie z. B. Christian Schrader von feelgood@work unfassbar. Für alle, die den Kampf von HR im Unternehmensalltag kennen, kein Wunder. Trotzdem seltsam, oder? Wo wir doch im Fachkräftemangel stecken und so.

Candiate Matrix – in den Fussstapfen des Bewerbers

Es ist für mich fasznierend (Spock lässt grüßen), wie wenig viele Arbeitgeber nach wie vor auf die Bedürfnisse ihrer (potentiellen) Bewerber eingehen. Dabei waren ja fast alle Mitarbeiter mal selber in der Bewerberrolle. Und müssten wissen, worauf es ankommt. Der blog „Blickwinkel“ von Sandra Gausmann greift das Thema u.a. auf. Dabei gibt es inzwischen soooo viel mehr Möglichkeiten als noch vor 5-10 Jahren, um sich als Arbeitgeber nicht nur ins rechte Licht zu rücken, sondern auch anfassbarer und greifbarer zu machen. Heute muss doch eine Kontaktmöglichkeit durch interessierte Kandidaten für HR ein absolutes „must“ sein. Weil es so einfach ist. Z. B. auf XING oder Linkedin. Aber wieviele Personaler tummeln sich da wirklich mit einem aussagekräftigen Profil? Und wollen überhaupt „ansprechbar“ sein? Eben. Deswegen auch keine Kontaktdaten auf Stellenanzeigen oder Karriereseite. Der Weg eines Bewerbers zum Job ist mit rollenden Steinen … äh, geplastert? Passt irgendwie nicht. Eher „zugeschüttet“.

Ok, es ist schon Mitternacht (also, jetzt gerade beim Schreiben) und ich reiße hier nur noch Dinge an. Warum eigentlich? Ach so, ja. Ich wollte Sie ja einladen. Zu meiner ersten „Web-Konferenz“. Wie aufregend. Wir werden ein wenig nachdenken. Über die „Touchpoints“, an denen HR die Kandidaten findet (und gewinnen kann). Über den Weg, den Recruiter bei der Stellenbesetzung gehen. Und über den Weg, den die Talente auf dem Weg der Jobsuche gehen. Hoffentlich kreuzen sich die Wege dann auch mal … wir werden sehen. Wissen Sie was? Ich mach jetzt hier Schluss. Und lade Sie einfach zu der Web-Konferenz „Candidate-Matrix: Ihr Weg zu Ihren Kandidaten“ ein. Kostet Sie eine Stunde Zeit. Und bringt Ihnen hoffentlich einige Stunden Zeitersparnis.

Und wenn das zeitlich bei Ihnen nicht klappt, dann sehen wir uns vielleicht auf der Zukunft Personal? Ich werde voraussichtlich an den ersten beiden Tagen da sein. Die haben übrigens auch ne App entwickelt. Für Apple und Android. Respekt, oder? Es tut sich also etwas, in der deutschen Personalerlandschaft. Also Kopf hoch, das wird. So in 10-20 Jahren. Die schaffen wir auch noch. Das wäre doch gelacht.

Also, wir sehen oder hören uns!

Beste Grüße,

Ihr Henrik Zaborowski